Mülltrennung - Foto (c) sam

Große Unsicherheit bei der Entsorgung von Bioplastik

Wie sollen Verpackungen aus Bioplastik entsorgt werden? Naheliegend wäre der Biomüll oder der Komposthaufen. Judith Hiessl hat beim Bezirksabfallverband nachgefragt und erfahren: Bioplastik gehört nicht in den Kompost, auch nicht in die Biotonne, sondern in den gelben Sack (hier zum Nachlesen)! Schwierig ist die Frage der Entsorgung aber dennoch. Denn unterschiedliche Angaben führen dazu, dass Bioplastik nicht dort landet, wo es am besten verwertet oder abgebaut werden kann, sondern einfach irgendwo.

Laut Abfall-Trennlexikon des Lebensministeriums[1] gibt es – Stand März 2017 – mehrere Möglichkeiten: Biogene Verpackungen seien im Restmüll oder in der Biotonne zu entsorgen bzw. können auch selbst kompostiert werden, wobei dies nur im Stichwortlexikon am Schluss des Lexikons, nicht aber im Haupttext unter den einzelnen Rubriken angeführt wird.

„Ja! Natürlich“ – eine Biomarke, die verstärkt auf Bioplastik aus Zellulose setzt – informiert auf der Website, dass die Zellulosefolien und -netze in der Biotonne entsorgt werden sollen. Wenn keine Bio-Tonne verfügbar ist, rät „Ja! Natürlich“ „die Zellulosefolie im Gelben Sack (Kunststoffsammlung) zu entsorgen. Die gelben Säcke gehen zur Gänze in die Verbrennung und erzeugen Sekundärenergie. Der Anteil der Zellulosefolien bzw. anderer Biofolien verbrennt dabei CO²-neutral. Falls auch keine Kunststoffsammlung greifbar ist, bleibt die Entsorgung im Restmüll. Die Zellulosefolie sowie das -Netz bitte nicht auf dem hauseigenen Komposthaufen entsorgen. Hier entwickelt sich zu wenig Hitze, die für den Verrottungsprozess nötig ist.”[2]

Die Hofer-Bio-Marke “Natur”, die ebenfalls biologisch abbaubaren Kunststoff aus Zellulose für ihre Gemüseverpackungsfolien und Netze verwendet, informiert auf der Verpackung darüber, dass diese kompostierbar sei.

 

„Kompostierbar“ heißt nicht „kompostieren!“

Die Altstoff Recycling Austria AG (ARA), Österreichs Marktführer unter den Sammel- und Verwertungssystemen für Verpackungen, hat diesbezüglich keine Information auf ihrer Website. Auf Anfrage erhalte ich folgende Auskunft:

“Verpackungen aus Biokunststoffen sind per Definition Packstoffe auf biologischer Basis und gehören zu den Leichtverpackungen. Die Leichtverpackungssammlung steht auch als Sammelsystem für Packstoffe auf biologischer Basis zur Verfügung. Eine alternative Erfassung solcher Verpackungen über die Biotonne ist aufgrund der Verwechslungsgefahr mit Kunststoffverpackungen und damit vorprogrammierten Fehlwürfen und Qualitätsproblemen derzeit nicht sinnvoll – verantwortliche Vertreter von Landesregierungen, Abfallwirtschaftsexperten und Betreiber von Kompostierungsanlagen haben starke Bedenken gegenüber einer möglichen Miterfassung über die Biotonne geäußert. Die Sammlung von Packstoffen auf biologischer Basis erfolgt daher je nach Sammelregion über die Gelbe Tonne, den Gelben Sack oder gemeinsam mit der kommunalen Restmüllerfassung. Die erfassten biogenen Verpackungen werden dabei überwiegend einer CO2-neutralen thermischen bzw. energetischen Verwertung zugeführt.”

Bis Ende 2017 ist die ARA für die Entsorgung und Verwertung von Verpackungen noch allein zuständig (dann werden die Sammelgebiete den Marktanteilen entsprechend auf alle Sammel- und Verwertungssysteme aufgeteilt). Für Konsumenten in ganz Österreich gilt derzeit also: Bioplastik gehört in den gelben Sack, die gelbe Tonne, den Plastikmüll-Container oder in den Restmüll. Meist wird es dann verbrannt. CO2 neutral – wenigstens!

Fällt euch etwas auf? Das ist der vierte Beitrag zum Thema Bioplastik, und wieder dominiert vor allem die Unklarheit. Unklarheit darüber, was in Bioplastik eigentlich enthalten ist bzw. was darin enthalten sein darf, verschiedene nicht verpflichtende Kennzeichnungen, die mehr oder weniger über das Material und seine Eigenschaften aussagen. Unsicherheit, aufgrund der Judith beim Bezirksabfallverband nachgefragt hat, und die mich nun dazu bewogen hat, weiter nach Antworten zu suchen.

Die Antwort, die ich gefunden habe: Bioplastik ist zwar recyclebar und biologisch abbaubar, manches sogar innerhalb von 6 Monaten, es gehört aber trotzdem gemeinsam mit dem Plastikmüll in den gelben Sack und wird großteils verbrannt. Das ist nicht nur unlogisch, sondern auch wenig bekannt. Denn eine klare, verbindliche, zumindest für Österreich allgemein gültige und auf den Verpackungen sichtbare Information fehlt.

 

 

 

 

 

 

[1] Abfall Trenn ABC. Hg.: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

 

[2] http://www.janatuerlich.at/Ja__Natuerlich/Green_Packaging/Green_Packaging/Content.aspx, abgerufen am 15. März 2017

Mülltrennung - Foto (c) sam

Comments 6

  1. Armin Amirpanah
    9. Februar 2018

    Guten Tag, ich bin selbst ein führender Experte in diesem Gebiet und muss den Recherchewillen loben. Einzig kleiner Fehler ist, dass die meisten Folien nicht CO2-neutral verbrannt werden können aber das ist schon sehr spezifisch. Allgemein gilt, dass bei der Kompostierung oder der Verbrennung der CO2 Ausstoß des Produktes sich nicht ändert (sofern es zu 100% bio-basierend ist) und das ist alles worum es beim Bioplastik drehen sollte. Biologisch abbaubar etc.. ist für die meisten Verpackungen (in Österreich) relativ irrelevant aber das ist eine andere Geschichte 🙂 … PS: gute Website!

    1. Franziska Barbara Thiele
      22. Januar 2019

      Hallo,

      ich hab dazu eine Frage – genau dieses Problem beschäftigt mich nämlich seit einiger Zeit. Ich versuche, weitgehend verpackungsfrei einzukaufen, was mir in vielen Bereichen mittlerweile ganz gut gelingt. Aber bei manchen Dingen entsteht eben doch Müll – auch wenn der angeblich „biologisch abbaubar“ ist. Hier meine Fragen dazu:
      1. Jetzt verwende ich zum Beispiel diese Zahnseide aus gewachster Naturseide, bisher habe ich sie immer in den Biomüll gegeben – ist das okay?
      2. Beispielsweise verwende ich derzeit auch eine Aufsteckbürste (für die elektrische Zahnbürste) aus Bio-Kunststoff – die soll vermutlich im Restmüll entsorgt werden. Aber ist der CO2-Ausstoß beim Verbrennen von Bio-Kunststoff wirklich geringer als bei gewöhnlichem Plastik? (Ich sag’s gleich dazu dass ich nie besonders gut war in Chemie und Physik.) Sie haben geschrieben: „Allgemein gilt, dass bei der Kompostierung oder der Verbrennung der CO2 Ausstoß des Produktes sich nicht ändert (sofern es zu 100% bio-basierend ist) und das ist alles worum es beim Bioplastik drehen sollte.“ Wie genau ist das zu verstehen?

      Danke und lG,
      Franziska

    2. 12. Februar 2019

      Liebe Frau Thiele!
      Wir haben bei Herrn Amirpanah nachgefragt und folgende Antwort erhalten.
      Bioplastik ist nicht gleich Bioplastik. Wenn wir von einem zu 100% reinen Bioplastik aus nachwachsenden Rohstoffen sprechen, dann ist tatsächlich der CO2 Ausstoß bei einer Kompostierung, wie auch Verbrennung durch das Produkt ident. Die Pflanze sammelt CO2 beim Wachstum und kann bei einer Verbrennung bzw. auch Kompostierung nicht mehr CO2 verursachen, wie es beim Wachstum gebunden hat. Bei anderen Bioplastikarten, die gänzlich oder zum Teil mit fossilen Rohstoffen produziert wurden (auch Bioplastik kann aus Erdöl sein und als biologisch abbaubar gelten), ist der CO2 neutrale Kreislauf nicht gewährleistet, da der fossile Anteil zuvor unter der Erde in Form von Erdöl gebunden war und somit bei der Verbrennung oder Kompostierung „neues“ CO2 in der Atmosphäre gelangt. Daher ist es aus meiner Sicht unwichtig nur biologisch abbaubar zu sein sondern viel wichtiger auch zusätzlich bio-basiert zu sein.

      Unter dem Strich kann ich empfehlen im Zweifelsfall das Produkt in die gelbe Tonne und somit einer Verbrennung zur Energiegewinnung zuzuführen.
      Hier kommt es zu einer Kaskadennutzung und somit hat der Biokunstoff noch – sofern er rein aus Pflanzen besteht – saubere Energie (zum Beispiel in Form von Wärme) produziert.
      Last but not least, reiner pflanzenbasierter Biokunststoff verursacht nicht weniger CO2 als Erdölbasierter Plastik, aber eben nur jenen den die Pflanzen zuvor in sich gebunden hat.
      Wir hoffen Ihnen mit dieser Antwort ein wenig weitergeholfen zu haben!
      Liebe Grüße vom Team-#ichbinsoplastikfrei

  2. Thomas Nemeth
    27. März 2019

    Werte Damen und Herren!
    Sehr gute Info über biodegradable (kompostierbaren) Plastic finden sie unter
    https://www.youtube.com/watch?v=sE9szr5xFQQ
    Es ist besser den Begriff „Bioplastik“ zu vermeiden, denn ansonsten wird man nur verwirrt.
    Folgende Unterscheidungen gibt es:
    • Biologisch abbaubar (biodegradable) oder
    • Kompostierbar
    • Biobasierte Kunststoffe
    Biologisch abaubar ist so ziemlich alles – es ist nur eine Frage der Zeit (Herkunft des Materials egal).
    Kompostierbar setzt für die biologische Abbaubarkeit einen Zeitrahmen fest (Herkunft des Materials egal).
    Kompostierbar ist dann ein Stoff, wenn er unter definierten Bedingungen in einem Kompostiersystem in einem spezifizierten Zeitraum zwischen einigen Wochen bis zu einigen Monaten, zu Kohlendioxid, Wasser, Methan und Biomasse zerfällt.
    Biobasierte Kunststoffe stammen aus nachwachsenden Kohlenstoffresourcen (Abbau des Materials egal).

    Die Ziele der EU für die Entsorgung der Verpackungen wurden im Circular Economy Package festgeschrieben. Oberstes Ziel ist die Vermeidung, gefolgt von Wiederverwendung, Recyclen, anderen Rückgewinnungen und an unterster Stelle Entsorgung. Recycling wird hier als Begriff genommen für die Umwandlung von Abfall in eine neue Substanz. Und somit fällt die Kompostierung hier rein. Das Verbrennen von Abfall fällt unter andere Rückgewinnungen.
    Zusätzlich muss erwähnt werden, dass bei den neuen Recyclingquoten der EU die Verbrennung nicht mehr als Recyclingmöglichkeit eingerechnet werden darf. Derzeit liegt sie für Kunststoffe bei 22,5% – ab 2025 liegt sie bei 50% und ab 2030 bei 55%. Kompostierbare Kunststoffe bieten hier eine Möglichkeit bei Anwendungsbereichen, wo Restinhalte von Lebenmittel in der Verpackung bleiben eine gute Entsorgung sicherzustellen. Diese Kunststoffabfälle gelangen derzeit zur Verbrennung.

    LG
    Thomas

  3. Simone Böck
    25. Juni 2019

    Hallo,
    ich beschäftige mich auch schon länger mit dem Thema, was ich denn nun mit Bioplastik machen soll…
    Mein Bruder betreibt eine Kompostanlage, von ihm weiß ich, dass Bioplastik wenn überhaupt erkennbar als solches, nur sehr langsam abgebaut wird und daher nicht wirklich erwünscht ist (wie bereits erwähnt)
    Jetzt wurde öfter gesagt, man soll es in den gelben Sack geben, da dieser mehrheitlich verbrannt wird. Dazu habe ich eine etwas konträre Meinung…der gelbe Sack (PET-Flaschen und sonstige Plastikverpackung) sollte, vor allem mit der neuen Quote, doch eher mehr ins Recycling gehen. Vor allem die PET-Flaschen. Wenn jetzt Bioplastik im recycelbaren Material sind, verschlechtert das die Qualität des Sekundärrohrstoffs, da die Sortieranlagen Bioplastik noch nicht gut erkennen können. Soweit mein Stand. Also wär ich jetzt eher dazu geneigt, Bioplastik in den Restmüll zu geben, da dieser am ehesten in die Verbrennung geht.

    Vll liege ich da falsch, aber soweit meine Recherchen 🙂

    lG

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